Donnerstag, 29. Oktober 2009

Es wird die Danielsfibel

Der erste konkrete Arbeitsschritt ist getan. Am schwierigsten hierbei war die Entscheidung, welche frühmittelalterliche Emailscheibenfibel rekonstruiert werden soll. Mehrere Modelle standen zur Auswahl - Eines hat sozusagen den Zuschlag bekommen: Die Danielsfibel aus Villach-Perau.


Emailscheibenfibel mit Danielsdarstellung, Bronzeguss, feuervergoldet, Grubenemail, Zellenemail (9./10. Jahrhundert)
FO: Villach Perau, VO: Museum der Stadt Villach

Es handelt sich bei ihr um eine der aufwendigsten Emailscheibenfibeln des Frühmittelalters. Mit Grubenemail und Zellenemail weist sie gleich zwei unterschiedliche Techniken auf. Außerdem ist die Danielsdarstellung als Halbrelief eine Besonderheit. Insgesamt handelt es sich bei ihr um ein Objekt, das sogar einen gewissen Prototyp darstellt, den zahlreiche andere Typen zum Vorbild haben.
Was die Herstellung anbelangt, kommen theoretisch mehrere Methoden in Frage. Weder die Ausprägung der Vorder- noch der Rückseite erlauben eine eindeutige Zuordnung. Der Guss kann in offener, zweiteiliger oder verlorener Form erfolgt sein. Es bietet sich also an, alle Varianten durchzuprobieren, was in weiterer Folge auch geschehen soll. Auch die beiden Emailtechniken (Gruben- und Zellenschmelz) sind hier auf einem Objekt vereint, was für das vorliegende Projekt ebenfalls viele Möglichkeiten bietet.


Am Anfang steht natürlich die Herstellung eines Modells, nach dem in weiterer Folge der Guss erfolgen soll. Dieses Modell wird aus Holz gefertigt und kann dazu verwendet werden, die Gussformen abzudrücken.
Als Ausgangsmaterial fungierte ein schmales Brett, aus dem zunächst eine Scheibe als Rohling herausgearbeitet werden sollte. Zunächst wurde dieses mit einem Hobel (Dank an Erich Nau) auf eine Dicke von 3-4 mm reduziert, was der Stärke der Fibel entspricht.


Danach wurde eine Scheibe im Durchmesser der Fibel herausgesägt und abgeschliffen.
Maßstabgetreue Zeichnung und Foto (Ohne Maßstab) als Grundlage für die Anfertigung des Holzmodells

Am Freitag, also morgen, soll es dann weitergehen. Das Motiv wird dann auf die Holzscheibe übertragen und herausgeschnitzt.

In diesem Sinne, beste Grüße und bis bald!

Dienstag, 27. Oktober 2009

Heute geht's los

Vorab ein kurzer Nachtrag um der "political correctness" gerecht zu werden. Alle Personenbezeichnungen verstehen sich als geschlechtsneutral. Auch wenn der Frauenanteil in der experimentellen Archäologie noch eher gering ist, meine ich beispielsweise mit "Kollegen" natürlich auch Kolleginnen, die sich mit der Sache beschäftigen.
Alle Abbildungen, die ich in diesem Blog verwende, stammen, sofern nicht anders gekennzeichnet, von mir.

So, zur Sache. Worum soll es in diesem Projekt eigentlich gehen? Nachdem gerade im 10. Jahrhundert im Ostalpenraum sehr viele aus Buntmetall gegossene und emaillierte Objekte im Fundspektrum vorhanden sind, stellt sich natürlich die Frage nach der Produktion und Reproduktion. Wie kann man mit mittelalterlichen Techniken, Methoden und Ressourcen eine Emailscheibenfibel herstellen?

Eine Emailscheibenfibel aus Villach Judendorf - Kärnten (9./10. Jh.)
VO: Museum der Stadt Villach


Am Anfang steht natürlich das Grundmodell. Wie kann ich ein solches anfertigen? Am wahrscheinlichsten kommt ein Modell aus Holz in Frage. Das Material lässt sich einfach bearbeiten und ist trotzdem sehr widerstandsfähig und gut haltbar.
Man wird in dieser Hinsicht auch an Wachsmodelle denken können. Diese sind von theoretischen Standpunkt her jedoch eher kurzlebig und vielleicht sogar weniger präzise als Holzmodelle.

Holzmodelle frühmittelalterlicher Emailscheibenfibeln

Das Wachsmodell einer frühmittelalterlichen Emailscheibenfibel


Soviel einmal zur Theorie. Ich werde heute unterschiedliche Varianten durchprobieren und die Ergebnisse im nächsten Posting zur Diskussion stellen.

In diesem Sinne bis bald, frohes Schaffen und gutes Gelingen!

Montag, 26. Oktober 2009

Erster Versuch

Liebe Leute, Kollegen und Interessierte,

Nachdem ich und andere Kollegen mittlerweile schon seit einigen Jahren experimentelle Archäologie in Wien um Wien herum und auch international betreiben, halte ich es für eine gute Idee, mit einem Blog ein neues Experiment zu starten. Jetzt wo die Grabungssaison zu Ende ist, und ich auch die ersten Tagungen und Grippewellen hinter mich gebracht habe, kann ich meine Freizeit auch wieder mit dem einen oder anderen Experiment verbringen.
Im konkreten Fall möchte ich meine bisherigen Versuche zu frühmittelalterlicher Feinschmiedetechnik, also in erster Linie Bronzeguss und Email, in unserer Werkstatt nachvollziehen, dokumentieren und publizieren. Dabei bietet es sich natürlich an, parallel dazu einen Blog zu führen um die Arbeitschritte gleich präsentieren und diskutieren zu können.



Ich freue mich natürlich schon auf zahlreiche Kommentare

bis in Kürze

Stefan Eichert